Fortsetzung zu „Wie ein unsichtbares Band“ von Schülerinnen der 7c
(…)
Ich war bei Carmen, wo wir zusammen spielten. Es fühlte sich wie Stunden an, die wir miteinander verbrachten, obwohl es wahrscheinlich nicht so lange war. Wir saßen auf der Bank vor dem kleinen Haus, auf welcher ich Dona Angela das erste Mal gesehen hatte. Ich erinnerte mich daran, als wäre es gestern gewesen. Wie wohl ich mich fühlte, als sie mich das erste Mal umarmte und wie glücklich ich war. Wir schauten von der Bak aus auf den Fluss, der so ruhig da lag, als würde er schlafen. Plötzlich kam Carmen eine Idee: „Hey, siehst du die Mittelinsel da hinten? Wir könnten in den Sommerferien, sobald du wieder da bist, gemeinsam ein Baumhaus auf ihr bauen!“ Aufgeregt nickte ich. „Das ist eine tolle Idee! Ich kann es kaum erwarten!“ Carmen lächelte, stolz über ihre Idee.
Ein paar Wochen später, als ich endlich Sommerferien hatte, lief ich so schnell wie möglich zu Carmen. Ich war wahnsinnig aufgeregt und konnte an nichts anderes mehr denken.
Wir bauten einige Tage an dem Baumhaus. Jeden Tag konnte man mehr und mehr erkennen, was es werden würde. Wie bei einer Zeichnung, erst sind es nur ein paar Striche, wenn man fertig ist, wenn man fertig ist, ist es aber wunderschön. Bei uns war es genauso. An einem Sonntag wollten wir es fertigstellen, es fehlten nur noch ein paar Bücher, die wir mit einem kleinen, alten Boot auf die Insel bringen wollten.
Eigentlich wollten wir mit Carmens Halbbruder Lucio hinüberrudern, ihr Onkel Tordo verbot es uns aber, weil der Fluss an dem Tag wild war und wir, falls wir kentern würden, nicht uns und Lucio retten könnten, weil die Strömung zu stark war.
An dem Tag mussten wir auf Lucio aufpassen, denn Dona Angela und Onkel Tordo waren nicht da. Deswegen setzten wir Lucio in eine Obstkiste am Ufer in Sichtweite.
Wir überquerten den Fluss mit dem Ruderboot. Ich hätte ein schlechtes Gefühl dabei, Lucio einfach so in der Kiste zu lassen, weswegen ich andauernd zu ihm hinübersah.
Das Baumhaus war innerhalb einer Stunde fertig und wir räumten die Bücher ein. Dabei sangen, redeten und summten wir gut gelaunt. Ich sah wieder einmal zu Lucio, nur um zu bemerken, dass das Flusswasser gestiegen war und Lucio mit der Obstkiste verschwunden war. Erschrocken rief ich: „Carmen! Lucio ist weg! Wo ist er?“ „Was? Mist! Wir müssen ihn finden!“ meinte sie verzweifelt.
Oh nein! Das darf nicht sein! Vielleicht wurde er von Krokodilen gefressen! Die gibt es hier bestimmt! Oder er… NEIN! Konzentrieren! Nicht immer direkt das Schlimmste denken! Warte, ist er das? Ja! Das ist er!
Sofort machte ich Carmen auf Lucio aufmerksam, der mit seiner Obstkiste flussabwärts trieb. „Carmen! Da ist er! Komm, rudern wir mit dem Boot zu ihm!“ Sie nickte und wir rannt zu dem Ruderboot.
Als wir darin saßen, ruderten wir so schnell wir konnten bis wir an eine Stelle des Flusses kamen, an der die Strömung stärker wurde. Entsetzt schrie ich auf, als wir kenterten uns ich mir mein Beim an einem Stein aufschlug. Keuchend schnappte ich nach Luft, als Carmen und ich am Ufer lagen und husteten.
Ich entdeckte Marito, welcher zu seinem kleinen Bruder sah. Er hatte ihn also gesehen. Er stand am Ufer und schien zu überlegen, was er tun sollte. Ich wollte aber nicht warten, bis ihm ein Plan einfiel, weswegen ich mit Carmen so schnell wie möglich das Boot umdrehte und wir versuchten, das Baby einzuholen, was uns allerdings nicht gelang.
Als ich bemerkte, dass wir zu langsam waren, sprang ich kurzerhand ins Wasser.
Ah! Wieso ist das Wasser so kalt? OK. Schneller! Ich hab ihn gleich. Es ist so kalt! Einfach schwimmen und atmen, dann hast du ihn gleich eingeholt! Ich hab ihn fast!
Ich merkte, wie mir langsam die Kraft ausging, als ich sah, wie Marito einen langen Stock in den Händen hatte, mit dem er vorsichtig, um Lucio nicht zu treffen und um ihn nicht zu verletzten, nach der Kiste fischte. Als er es schaffte, seinen kleinen Bruder an Land zu holen, schwamm ich ebenfalls an Land und legte mich erschöpft in das Gras uns schloss die Augen. Ich wusste, dass Marito gleich eine Standpauke halten würde, was für eine dumme Idee es war. Doch in dem Moment war ich einfach nur froh, dass Lucio in Sicherheit war.
Von Kathi aus der 7c
[…] Endlich Sommerferien! Ich bin wieder bei Carmen zu Besuch. Wie sehr ich sie vermisst habe. Wir haben so viele Pläne, was wir noch zusammen machen wollen: Wie z. B. ein Baumhaus bauen, bei einer Überflutung Seeungeheuer spielen, zusammen in einer Höhle übernachten –
“Alma! Da bist du ja”, Carmen hatte mich anscheinend gesucht. “Komm, wir wollten doch das Baumhaus heute fertigbauen! Es scheint gerade so schön die Sonne”, wieder zog sie an meiner Hand, um mich aufzufordern, mit ihr hinauszugehen. Und wie schön es draußen war. Die Sonne lächelte uns breit ins Gesicht, das fast fertiggestellte Baumhaus auf der Mittelinsel gegenüber der, auf der Camens Haus war, sah so einladend aus. Ich freute mich schon, dort mit Carmen, Marito und vielleicht sogar Lucio dort meiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Ein Gedanke fiel mir ein: “Wie wäre es, wenn wir schon einmal eine Bücherkiste mit dem Boot hinüberschicken?” Carmen strahlte und ich merkte, wie gut ihr die Idee gefiel. “Kinder!”, wir erschraken, “Ihr könnt nicht einfach so zur Insel fahren. Angela und ich gehen für Kaffee und Kuchen zu deinen Eltern, Alma. Ihr müsst auf Lucio aufpassen!” Das war Onkel Tordo. Manchmal konnte er uns mit einer solchen Aufgabe wirklich den Tag vermiesen. “Aber warum denn nicht Marito? Warum kann er nicht auf Lucio aufpassen?”, fiel Carmen ihm ins Wort. Schnell antwortete Tordo: “Marito hat letztes Mal schon brav auf ihn aufgepasst. Carmen, nimm dir ein Beispiel an deinem Bruder und mache das, ohne dass ich laut werden muss!” Kopfschüttelnd fügte er noch hinzu: “Und wehe, ihr fahrt mit dem Boot Lucio zur Mittelinsel. Wenn Ihr das tut, schicke ich Carmen nach Hause!”
Wie sollen wir denn in Ruhe im Baumhaus uns entspannen, wenn Lucio nicht über den Fluss darf? Carmen schien der gleiche Gedanke zu quälen. Onkel Tordo ging in die alte Hütte und kam mit Lucio auf dem Arm wieder zurück und übergab ihn an Carmen, dann verließ er die Insel mit Dona Angela, um sich mit meinen Eltern zu treffen. Wir warteten, bis die beiden außer Sichtweite waren, dann griff Carmen, ohne lange zu zögern, nach einer Obstkiste und setzte ihren kleinen Halbbruder hinein. “Hier ist er sicher”, meinte sie, “wir gehen zur Mittelinsel und er bleibt hier. Was soll schon passieren, wenn wir die ganze Zeit ein Auge auf ihn werfen?” Da musste ich ihr zustimmen. Wir zögerten nicht lange und überquerten sofort mit der Bücherkiste den Fluss. Es dauerte nicht lange, und schon war das Baumhaus fertig. Ich freute mich so sehr, dass ich mit Carmen auf und ab tanzte. Alles lief perfekt, das war ein Grund zu feiern! Doch wie aus dem Nichts fing Lucio, der zum Glück immer noch in der Kiste war, an zu weinen. “Das macht er immer, wenn das Wetter sich ändert”, meinte Carmen. Sie schien sich nicht große Sorgen zu machen, deshalb packten wir die Bücher langsam aus der Kiste. Auf einmal begann ein starker Platzregen. Das Wasser stieg sofort an und Panik begann sich auszubreiten. ”Lucio! Lucio, bitte, wo bist du?”, schrie meine beste Freundin. Wir sahen uns hektisch um. Da! Da trieb er, schreiend in der Obstkiste, den Fluss hinunter, da dieser ja durch den Regen anstieg, nahm er Lucio anscheinend mit. Wir zögerten keine Sekunde. Carmen zog mich in das kleine Boot, das mittlerweile schon halb voll mit Wasser gefüllt war, und stieß uns vom Ufer ab. Kaltes Wasser spritzte mir entgegen und ich schluckte etwas davon. Sofort hustete ich, aber Carmen war das egal. Wir versuchten, Lucio entgegenzupaddeln, doch damit schaufelten wir uns immer mehr Wasser ins Boot. Es kippte. Irgendetwas Hartes und Spitziges stieß in meinen Oberschenkel. Ich schrie auf, denn als ich danach tastete, war meine Hand voll mit Blut. Warmes, dunkelrotes Blut strömte im Fluss um mich herum und ich begann zu zittern. Überall war es, der Schmerz zuckte in meinem ganzen Körper. Währenddessen rannte Marito aus der Hütte und begriff augenblicklich die ganze Situation. Wir versuchten wieder, weiter zu der Obstkiste zu rudern, aber es hatte keinen Sinn mehr. Ich sprang ihr einfach hinterher, ohne zu überlegen, dann sah ich, wie Marito Lucio hochhob. Wir hatten es geschafft. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Plötzlich wurde alles schwarz.
Wo bin ich? Was ist passiert? Das Letzte, was ich sah, war Marito mit Lucio. Ist er wohlauf? “Sie ist wach”, hörte ich zwei Stimmen verschwommen sagen. Es waren meine Eltern. Ich war im Krankenhaus, vermutlich hatte ich das Bewusstsein wegen meiner Verletzung verloren. Alles war gut ausgegangen. Mit diesem Gedanken schloss ich meine Augen und schlief entspannt ein.
Von Susanna Zettler aus der 7c